Selbstverschulden kann zum Wegfall der Lohnansprüche führen

Grundsätzlich erhalten Arbeitnehmer im Falle einer Arbeitsunfähigkeit längstens für die Dauer von sechs Wochen weiter Entgelt durch ihren Arbeitgeber und zwar unabhängig von der Art der Erkrankung. Wichtig ist hier aber, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit, z.B. durch gefährliche Sportarten, Verkehrsunfälle oder auch eine Suchterkrankung, nicht selbst verschuldet hat. Dies kann dann zum Erlöschen des Entgeltfortzahlungsanspruches führen.

Von einem Selbstverschulden geht der Gesetzgeber dann aus, wenn der Arbeitnehmer die Krankheit durch unverständiges oder leichtfertiges Handeln herbeigeführt hat. Aber auch wenn der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit durch den Arbeitnehmer verzögert oder gar vereitelt wird.

Zum Selbstverschulden möchten wir im Folgenden einige Beispiele aufzeigen:

Verkehrsunfälle

Bei Verkehrsunfällen geht man grundsätzlich nicht von einem Selbstverschulden des Arbeitnehmers aus. Dieses liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer Leben und Gesundheit besonders leichtfertig aufs Spiel setzt, also bei groben Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung.

Selbstverschuldet sind regelmäßig Verkehrsunfälle bei:

  • Trunkenheit. Auch bei einer Mitfahrt im Fahrzeug eines erkennbar wegen Alkohol fahruntüchtigen Fahrers.
  • Tabletteneinnahme, wenn dadurch ein Verkehrsunfall herbeigeführt wurde und im Beipackzettel eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit aufgeführt ist.
  • Überhöhter Geschwindigkeit
  • Telefonieren während der Fahrt
  • Vorfahrtmissachtung
  • Führen eines Fahrzeuges in nicht verkehrstauglichem Zustand
  • Riskantem bzw. verkehrswidrigem Überholen

Sportunfälle

Auch bei Sportunfällen ist grundsätzliche ein Selbstverschulden nicht gegeben. Ein Selbstverschulden liegt nur dann vor, wenn erhebliche Risiken in Kauf genommen werden.

Ausnahmen bei denen von einem Selbstverschulden auszugehen ist sind dann:

  • Besonders gefährliche Sportarten, die durch ausnehmend waghalsige Übungen aus dem Rahmen einer normalen sportlichen Betätigung fallen.
  • Sportarten die die Fähigkeiten und Kräfte des Arbeitnehmers deutlich übersteigen.
  • Besonders grobe Verstöße gegen allgemeine und anerkannte Regeln der jeweiligen Sportart

Wichtig ist aber, dass allein die bloße Ausübung eines bestimmten, auch als besonders gefährlich oder unfallträchtig angesehenen Sportes, für sich gesehen noch kein schuldhaftes Verhalten darstellt.

Als unverschuldet angesehen werden hier zum Beispiel Fußball im Amateurverein, Amateurboxen, Skilaufen, Motocross-Rennen, Fallschirmspringen oder Drachenfliegen.

Als selbstverschuldet wird jedoch Kickboxen angesehen.

Tätlichkeiten und Schlägereien

Eine Arbeitsunfähigkeit die auf eine Schlägerei bzw. tätliche Auseinandersetzung zurückzuführen ist, wird in aller Regel als selbstverschuldet angesehen. Speziell dann, wenn sie der Arbeitnehmer durch provozierendes oder nicht nachvollziehbares Verhalten selbst herbeigeführt hat.

Suchterkrankung

Ob bei einer Suchterkrankung Selbstverschulden vorliegt wurde von der Rechtssprechung früher grundsätzlich bejaht. Heute ist man dazu übergegangen bei einer Suchterkrankung immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles abzustellen, das heißt es liegt nicht grundsätzlich ein Selbstverschulden des Arbeitnehmers vor.

Bei der Beurteilung des Selbstverschuldens wird, gerade bei Alkoholkranken sehr genau auf die spezifischen Eigenheiten des jeweiligen Erkrankten abgestellt. So kommt es hier auch darauf an, ob der Süchtige in der Lage ist, sein Verhalten selbst zu steuern.
Das Bundarbeitsgericht hatte mit Urteil vom 18.03.2015, 10 AZR 99/14, festgestellt, dass auch Rückfälle nach einer Therapie in der Regel nicht als Selbstverschulden zu werten sind.

Organspende

Ist jemand wegen einer durchgeführten Organspende arbeitsunfähig erkrankt so liegt kein Selbstverschulden vor. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung wird nicht ausgeschlossen und besteht in voller Höhe bis zur Dauer von sechs Wochen.

Unfallverhütungsvorschriften

Ein Selbstverschulden der Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn Unfallverhütungsvorschriften einer Berufsgenossenschaft verletzt oder grob fahrlässig bzw. vorsätzlich nicht beachtet werden. Der Arbeitgeber ist hier aber ausdrücklich an seine Sorgfaltspflicht gebunden und muss auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften sowie auf die speziellen Gefahren im Betrieb ausdrücklich und in geeigneter Form hinweisen, da er sonst bei Eintritt einer selbstverschuldeten Arbeitsunfähigkeit die Entgeltfortzahlung nicht verweigern kann.

Nebenbeschäftigung

Nur weil der Arbeitnehmer eine Nebenbeschäftigung übernimmt und infolgedessen arbeitsunfähig erkrankt, liegt kein Selbstverschulden vor. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann deshalb nicht verweigert werden. Anders sieht es aber bei einer besonders gefährlichen oder die Kräfte des Arbeitnehmers übersteigenden Nebentätigkeit aus. Erkrankt der Beschäftigte in Ausübung einer solchen Tätigkeit, kann der Anspruch auf Entgeltfortzahlung durchaus verweigert werden. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen eines Unfalles bei einer nicht genehmigten Nebentätigkeit darf allerdings nicht generell durch tarifvertragliche oder Betriebsvereinbarungen ausgeschlossen werden.

Beweispflicht des Arbeitgebers

Ob ein schuldhaftes Verhalten des Beschäftigten vorliegt muss grundsätzlich immer der Arbeitgeber beweisen. Liegen jedoch Umstände vor, die nach der allgemeinen Erfahrung für ein Verschulden des Arbeitnehmers sprechen, so liegt die Beweislast eindeutig auf Seiten des Arbeitnehmers selbst. Sie ist z.B. bei Verkehrsunfällen aufgrund Trunkenheit gegeben. Sollte es in solchen Fällen zu einem Streitfall kommen, muss der Arbeitnehmer die Behauptung des Arbeitgebers zerstreuen und beweisen, dass der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht auf ein eigenes schuldhaftes Verhalten zurückzuführen ist.

Zu beachten ist auch, dass der Arbeitnehmer in allen Fällen verpflichtet ist an der Aufklärung der Krankheitsursache aktiv mitzuwirken und die nötigen Auskünfte zu machen

Krankengeld

Unabhängig davon ob der Arbeitgeber im Falle der Arbeitsunfähigkeit die Entgeltfortzahlung verweigert besteht Anspruch auf Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse.

Sollte sich allerdings herausstellen, dass sich der Versicherte die Krankheit vorsätzlich zugezogen hat oder bei einer von ihm begangenen Straftat oder anderweitigen gesetzlichen Übertretungen zugezogen hat, kann die Krankenkasse das Krankengeld ganz bzw. teilweise versagen oder zurückfordern.

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Marcus Kleinlein

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