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Anrufe beim Versicherten durch eine Krankenkasse dürfen nur nach schriftlicher Einwilligung erfolgen

Krankenkassen dürfen für den Zweck der Feststellung, ob bei Arbeitsunfähigkeit eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, im jeweils erforderlichen Umfang grundsätzlich nur die bereits nach § 284 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Teil V (SGB V) rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten verarbeiten. In dieser Rechtsvorschrift sind aber keine Datenerhebung im Hinblick auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit und zum weiteren medizinischen Behandlungsverlauf geregelt. Hinsichtlich des weiteren Behandlungsablaufes dürfen Krankenkassen nur dann mit ihren Versicherten in telefonischen Kontakt treten, wenn der Versicherte der telefonischen Kontaktaufnahme vorher schriftlich oder elektronisch zugestimmt hat. Keine Spontananrufe bei Arbeitsunfähigkeit sind erlaubt.

Reichen die vorhandener Daten nicht aus, dürfen die Krankenkassen zum Zweck der Feststellung, ob eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, nur folgende versichertenbezogene Angaben bei den Versicherten im jeweils erforderlichen Umfang erheben und verarbeiten:

  1. Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und
  1. Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.

Darauf hat das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) ausdrücklich hingewiesen, außerdem ist dies nun auch gesetzlich festgelegt.

Grund für diese Feststellung war, dass die Einflussnahme von Krankenkassen auf den Behandlungsablauf Ihrer Versicherten von diesen augenscheinlich als sehr belastend wahrgenommen wurde und sie sich aus diesem Grund verstärkt an die Aufsichtsbehörde der Krankenkassen, also das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS), gewendet hatten.

Das BAS gab dazu in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2020 an, dass hauptsächlich unerbetene Telefonanrufe der Krankenkassen der Grund für die Beschwerden der Versicherten gewesen sind.

Bundesamt für soziale Sicherung (BAS)

Im Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) arbeiten rund 700 Beschäftigte, die sich auf acht Abteilungen, 54 Referate und zwei Stabsstellen verteilen. Das BAS führt die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung.

Zudem nimmt das Bundesamt für Soziale Sicherung eine Reihe von Verwaltungsaufgaben wahr, wie beispielsweise die Bewirtschaftung der Bundeszuschüsse und sonstigen Zuweisungen des Bundes an die Rentenversicherung, die Zulassung von Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke (sog. DMP), die Durchführung des Finanzausgleichs in der sozialen Pflegeversicherung und des Risikostrukturausgleichs sowie die Verwaltung des Gesundheitsfonds.
Die Leitung des Bundesamtes für Soziale Sicherung obliegt dem Präsidenten Herrn Frank Plate sowie der Vizepräsidentin Frau Dagmar Feldgen (Quelle: www.bundesamtsozialesicherung.de)

Die Rechtslage

Bisher war die Rechtslage zum Datenschutz bezüglich der entsprechenden Anrufe durch die Krankenkassen nicht eindeutig geregelt und die Kassen bewegten sich deshalb in einem gewissen „Spannungsfeld“. So führte das BAS hierzu aus: "Einerseits besteht der gesetzliche Auftrag für die Krankenkassen, ihre Versicherten im Krankheitsfall auf der Grundlage des § 44 Abs. 4 SGB V (Krankengeld) zu beraten und auf mögliche Therapieangebote hinzuweisen. Diese Beratung und Hilfestellung sowie die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten darf nur nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information und mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung des Versicherten erfolgen. Andererseits besteht nach § 275 Abs. 1 Ziffer 3 SGB V die Verpflichtung, zur Sicherung des Behandlungserfolges, insbesondere zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit, den zuständigen Medizinischen Dienst einzuschalten." Deshalb wäre entsprechend der Begutachtungsanleitung des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes durchaus auch ohne vorherige schriftliche Einverständniserklärung des Versicherten eine Kontaktaufnahme möglich.

Rechtliche Klarstellung im GVWG

Hinsichtlich der obengenannten Themenstellung fand in der letzten Zeit ein ergiebiger Faktenaustausch zwischen dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem GKV-Spitzenverband und dem BAS statt, wobei sich das BAS immer für eine rechtliche Klarstellung starkgemacht hat.

In der Zwischenzeit wurde allerdings das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) eingeführt, das am 11.07.2021 in Kraft trat.

Durch diese neue gesetzliche Regelung wird im neugefassten § 275 Abs. 1 b SGB V eindeutig klargestellt, welche Daten von den Krankenkassen bei ihren Versicherten erhoben werden dürfen. Ebenso wurde jetzt auch gesetzlich festgelegt, dass im Rahmen des § 275 SGB V zu erhebende Angaben immer schriftlich zu erheben sind und dass eine telefonische Kontaktaufnahme beim Versicherten nur nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Einverständniserklärung des Versicherten erfolgen darf.

Was ist unzulässig im Widerspruchsverfahren

Das BAS stellte auch bei den Widerspruchsverfahren im Jahr 2020 vielfältige Rechtsprobleme beim Verwaltungshandeln von Krankenkassen fest. So wurden speziell die Rechtsvorschriften des SGB X und des Sozialgerichtsgesetzes nicht ausreichend beachtet. Hierzu führte das BAS aus: "Versicherte werden beispielsweise befragt, ob sie ihren Widerspruch aufrechterhalten wollen, obwohl kein neuer Sachverhalt vorliegt, der eine solche Kontaktaufnahme erforderlich machte". Es sähe für Versicherte dann so aus, und sie würden auch in dem Glauben gelassen, dass die Ablehnung des Widerspruches bereits „beschlossene Sache“ wäre. Außerdem wurden Versicherte teilweise nur unzureichend über die Rechtsfolge der Rücknahme eines Widerspruches informiert. Des Weiteren kritisierte das BAS außerdem die weitere Zunahme der Bearbeitungsdauer bei den Widerspruchsverfahren.

Die vielfältigen Kritikpunkte führten deshalb dazu, dass durch das BAS ein klarstellendes Rundschreiben an die bundesunmittelbaren Krankenkassen erlassen wurde

Außerdem würden die Arbeitsanweisungen der Krankenkassen zur Widerspruchsbearbeitung durch die Behörde zukünftig intensiver und genauer überprüft.

Haben Sie Fragen zu dieser Problematik, können Sie sich gerne an die Rentenberatung Kleinlein wenden. Wir stehen Ihnen bei allen Fragen zu Ihren Ansprüchen gerne und fachkompetent zur Seite und vertreten Sie auch bei Widersprüchen und Gerichtsverfahren.

Marcus Kleinlein

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