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Arbeitslosengeld I bei Beschäftigungsverbot

Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, so hat er in der Regel einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber. Wenn dieser Anspruch erloschen ist, grundsätzlich nach 42 Kalendertagen, besteht seitens des Arbeitnehmers ein Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse. Im Prinzip selbiges gilt auch für Arbeitslose. In diesen Fällen leistet die Bundesagentur für Arbeit die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes I für die ersten 42 Kalendertage. Ebenso verhält es sich, wenn eine schwangere Arbeitslose krank und damit arbeitsunfähig wird. Auch hier besteht seitens der Leistungsempfängerin ein Anspruch auf Fortzahlung der Leistung durch die Bundesagentur für Arbeit für die ersten 42 Kalendertage.

Urteil des Landessozialgericht Bremen-Niedersachsen

Das Landessozialgericht Bremen-Niedersachsen hat kürzlich in einem Urteil entschieden, dass für den Fall, dass einer schwangeren Arbeitslosen ein Beschäftigungsverbot ärztlich ausgesprochen wurde, ohne dass eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, die Bundesagentur für Arbeit dieser Person bis zum Ende des Beschäftigungsverbots - was in der Regel die Zeit bis zur Entbindung bedeutet – Arbeitslosengeld I zu zahlen hat. Die Sozialrichten stellten fest, dass die Zahlung durch die Agentur für Arbeit nicht verweigert werden darf.

Hintergrund dieses Urteils war, dass die Agentur für Arbeit einer Schwangeren die Leistungsfortzahlung von Arbeitslosengeld verweigerte, nachdem die Frau von ihrem Arzt ein ärztliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen bekam. Als Begründung für die Einstellung der Zahlungen führte die Agentur für Arbeit an, dass die Leistungsempfängerin nicht mehr für den freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen würde. Die schwangere Arbeitslose war bei der Agentur für Arbeit für 20 Stunden pro Woche arbeitslos gemeldet. Eine Vollzeitstelle kam für sie nicht in Frage, da sie für die Erziehung und für die Betreuung ihrer kleinen Tochter verantwortlich war. Auch der Hinweis der Leistungsempfängerin, dass bei ihr keine Arbeitsunfähigkeit im eigentlichen Sinne vorliegen, sondern durch ihren Arzt lediglich ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde, führte nicht zu einer Wiederaufnahme der Zahlungen durch die Agentur für Arbeit, so dass sich die junge Frau entschied, den Klageweg zu beschreiten. Das ärztliche Beschäftigungsverbot wurde in diesem Falle übrigens wegen einer Risikoschwangerschaft gemäß § 1 Abs. 1 MuSchG (Mutterschutzgesetz) durch den behandelnden Arzt ausgesprochen.

Erste Instanz gab der Agentur für Arbeit RechtKrankengeld und Beschäftigungsverbot

In der ersten Instanz gaben die Richter am Sozialgericht Lüneburg jedoch zunächst der Agentur für Arbeit Recht und stellten fest, dass der Klägerin kein Anspruch auf weitere Zahlung von Arbeitslosengeld zusteht. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung ein und obsiegte schließlich in der zweiten Instanz vor dem Landessozialgericht Bremen-Niedersachsen.

In ihrem Urteil vom 25.10.2010 - Az.: L 11 AL 149/07 entschieden die Sozialrichter, dass die Einstellung der Zahlungen durch die Agentur für Arbeit Artikel 6 Abs. 4 GG (Grundgesetz) widerspricht. Gemäß diesem Artikel hat eine Mutter einen Anspruch auf Fürsorge und Schutz gegenüber der Gemeinschaft. Dieses Grundrecht gelte auch für werdende Mütter. Im Weiteren vertraten die Sozialrichter die Auffassung, dass ein ärztlich ausgesprochenes Beschäftigungsverbot gerade nicht der Verfügbarkeit einer Arbeitslosen entgegensteht. Hier würde sich ein anderer Sachverhalt nur ergeben, wenn neben bzw. während dieses Beschäftigungsverbots eine Arbeitsunfähigkeit hinzutreten würde. Bei einer Schwangerschaft ist jedoch nicht automatisch von einer Arbeitsunfähigkeit auszugehen.

Revision beim höchsten Sozialgericht

Die Agentur für Arbeit ging gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen-Niedersachsen in Revision beim Bundessozialgericht in Kassel. Die Entscheidung wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsstreitigkeit auch zur Revision zugelassen. Bis zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts wird das Arbeitslosengeld zunächst jedoch weitergezahlt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Bundesagentur für Arbeit aufgrund dieser sozialen Rechtsstreitigkeit darum gebeten, in entsprechenden Fällen die Zahlung von Arbeitslosengeld fortzuführen.

Bundessozialgericht hat entschieden

Mit Urteil vom 22.02.2012, Az. B 11 AL 26/10 R hatte das Bundessozialgericht in einer gesicherten Rechtsprechung in der oben genannten Problematik entschieden. Ergibt die Prüfung, dass das Beschäftigungsverbot

  • nur auf bestimmte Tätigkeiten ausgesprochenw urde und eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung nicht ausgeschlossen ist (relatives Beschäftigungsverbot), liegt Verfügbarkeit im Sinne des Sozialgesetzbuch Teil III vor. In diesen Fällen besteht dann ein weiterer Anspruch auf Arbeitslosengeld,
  • eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausschließt (absolutes Beschäftiungsverbot), ist keine Verfügbarkeit im Sinne des Sozialgesetzbuch Teil III mehr gegeben. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts liegt dann Arbeitsunfähigkeit vor. In diesen Fällen verweist die Agentur für Arbeit die schwangere Arbeitslose an die Krankenkasse, damit dann ggfs. Krankengeld nach Ablauf der Leistungsfortzahlung gezahlt werden kann.

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